Zitierlink: http://dx.doi.org/10.25819/ubsi/10042
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Dokumentart: Doctoral Thesis
Titel: Systematik zur Beurteilung passiver Überkopf-Exoskelette
Sonstiger Titel: Methodology for assessing passive overhead exoskeletons
AutorInn(en): Hefferle, Michael Philipp 
Institut: Institut für Produktionstechnik 
Schlagwörter: Exoskelett, Überkopftätigkeit, Ergonomische Evaluierung, Beanspruchung, Exoskeleton, Overhead activity, Ergonomic evaluation, Stress
DDC-Sachgruppe: 620 Ingenieurwissenschaften und zugeordnete Tätigkeiten
GHBS-Notation: XIWD
Erscheinungsjahr: 2021
Publikationsjahr: 2022
Zusammenfassung: 
Die vorliegende Arbeit beurteilt den Einfluss von passiven Überkopf-Exoskeletten, welche im industriellen Produktionsumfeld zur Anwendung kommen sollen auf die Physiologie des menschlichen Körpers. In der hochautomatisierten Automobilindustrie existieren nach wie vor Arbeitsplätze, an denen Menschen unter erheblicher körperlicher Belastung arbeiten müssen. Dazu zählen Arbeitsplätze an denen Überschulter- bzw. Überkopfarbeitet verrichtet wird. Die dadurch entstehenden körperlichen Beanspruchungen auf das Schulter-Arm-System können die Entstehung von Muskel-Skelett-Erkrankungen begünstigen. Als kostengünstige und schnell einsetzbare individuelle ergonomische Maßnahme werden Überkopf-Exoskelette angesehen, deren resultierende Auswirkungen auf die Physiologie des Trägers bislang allerdings noch nicht ausreichend erforscht wurden. Existierende Studien beschränken sich häufig auf die Anwendung einzelner Messverfahren, mit dem Ziel die Beanspruchung einzelner lokaler Körperpartien zu erfassen und zu bewerten. Darüber hinaus sind diese Studien in großer Mehrheit in Laborumgebungen durchgeführt worden, die die realen Einsatzbedingungen nicht ausreichend widerspiegeln. Feldstudien an realen Arbeitsplätzen aus der industriellen Produktion, insbesondere jene, mit Anwendung objektiver Messverfahren, beschränken sich auf eine sehr geringe Anzahl.
Die Arbeit befasst sich beginnend mit der Aufarbeitung der Grundlagen zu arbeitsbedingten Muskel-Skelett-Erkrankungen, welche typischerweise vermehrt im produzierenden Gewerbe vorzufinden sind. Der Zusammenhang zwischen erhöhten Belastungen auf das Schulter-Arm-System, ausgelöst durch Arbeiten im Überkopf- bzw. Überschulterbereich, und dem gehäuften Vorkommen von Muskel-Skelett-Erkrankungen des Schulter-Arm-Systems wird herausgearbeitet. Zusätzlich wird ein Überblick über die gängigen Methoden der Bewertung von Belastungen sowie Beanspruchungen im Kontext der Arbeitswissenschaft vermittelt und es wird ein Vergleich zu den bisher durchgeführten Studien gezogen, um so die vorhandene Forschungslücke aufzuzeigen. Auf dieser Grundlage werden anschließend die Hypothesen abgeleitet. Innerhalb dreier Studienabschnitte werden die Ganzkörper- so-wie die körperteilbezogenen Beanspruchungen subjektiv und objektiv evaluiert. Im ersten Studienabschnitt wird die grundsätzliche Eignung von Überkopf-Exoskeletten als ergonomische Verbesserungsmaßnahme zur Reduktion der arbeitsplatzbezogenen Beanspruchung überprüft und anschließend eine geeignete Messmethodik zur Beurteilung der physiologischen Auswirkungen entwickelt. Im zweiten Studienabschnitt wird zunächst die Methodik in einer umfangreichen Laborstudie angewandt und im Anschluss die Eignung der Messmethodik im Feld explorativ überprüft. Im dritten und letzten Studienabschnitt wird die Übertragbarkeit der Ergebnis-se der Laborstudie in zwei weiteren Feldstudien und unter Einbezug dreier unterschiedlicher Überkopf-Exoskelette evaluiert.
Die Ergebnisse der Arbeit zeigen, dass eine signifikante Reduktion der subjektiven Beanspruchung in Oberarm, Schulter und Nacken sowie im gesamten Körper durch Einsatz eines passiven Überkopf-Exoskelettes wahrgenommen wird. Steigerungen der subjektiven Beanspruchungen in Körperbereichen, in die die Lasten umverteilt werden, fallen hingegen sehr gering aus. Diese Erkenntnisse zeigen sich gleichermaßen für sämtliche durchgeführte Studien, sowohl unter Labor- als auch unter Feldbedingungen. Unter Einsatz der entwickelten Messmethodik wurden unter Laborbedingungen signifikante relative Reduktionen der elektromyographischen Aktivität der lokalen Schulter- und Armhebemuskulatur (Musc. trapezius pars descendens und deltoideus pars acromialis bis zu -40 %) sowie gleichzeitig eine Steigerung der lokalen Sauerstoffgewebesättigung nachgewiesen. Die globalen Beanspruchungsparameter wurden im Labor durch den Einsatz eines Überkopf-Exoskelettes hingegen nur mäßig beeinflusst. Während absolute und spezifische Sauerstoffaufnahme sowie der Energieumsatz unter dynamischen Bewegungen geringe Reduktionen ( 7,3 %, 5,1 % und 12,3 %) aufwiesen, konnte in verschiedenen statischen Haltungen kaum ein Einfluss oder aber eine geringe Steigerung (1,0 %, 7,7 % und 1,3 %) bei Verwendung eines Exoskelettes gemessen werden. Allerdings reduzierte die Intervention die Arbeitspulsfrequenz über alle Arbeitsformen um rund 21 % hinweg. Die Ergebnisse der Feldstudien an unterschiedlichen Arbeitsplätzen zeigten, dass die globalen Beanspruchungsparameter durch den Einsatz verschiedener Überkopf-Exoskelette nur marginal beeinflusst werden. Unter Laborbedingungen wird der Unterstützungseffekt von Überkopf-Exoskeletten gezielt isoliert, weshalb Reduktionen bei der objektiven globalen Beanspruchung messbar sind. Unter realen Bedingungen entfällt die künstliche Isolation und die postulierten Reduktionseffekte fallen zu gering aus, als dass sie statistisch signifikant ausweisbar wären.
Der Einsatz von Überkopf-Exoskeletten als Maßnahme zur ergonomischen Verbesserung des Arbeitsplatzes erfordert eine detaillierte und umfassende Untersuchung der Auswirkungen auf die Physiologie. Die vorliegende Arbeit versucht auf Basis eines entwickelten holistischen Ansatzes ein erstes, möglichst ganzheitliches Bild des Einflusses durch die standardisierte Auswertung von subjektiver und objektiver sowie lokaler und globaler Beanspruchungsparameter zu zeichnen. Auf der entwickelten Messmethodik aufbauend, sollten weitere Labor- und Feldstudien unter Einsatz größere Probandenkollektive sowie weiterer Exoskelette durchgeführt werden, um akkurate Empfehlungen für den Einsatz im industriellen Umfeld abzuleiten.

This thesis evaluates the influence of passive, industrial overhead exoskeletons on the physiology of the human body. In the highly automated automotive industry employees still must undergo considerable physical strain at certain workplaces. This includes jobs where employees are required to work at or above shoulder level. The resulting physical stress on the shoulder-arm system can promote the development of musculoskeletal disorders. Overhead exoskeletons are regarded as a cost-effective and quickly applicable individual ergonomic measure, although the resulting effects on the wearer have not yet been sufficiently researched. Existing studies are often limited to the application of individual measuring methods with the aim of recording and evaluating the stress on individual local body parts. Furthermore, most of these studies have been conducted in laboratory environments that do not adequately reflect real work conditions. Field studies that were conducted at real workplaces, especially those using objective measurement methods, are limited to an exceedingly small number.
The thesis sets in with the basics of work-related musculoskeletal diseases, which are typically found more often in the manufacturing industry. A connection between an increase in stress on the shoulder-arm-system, caused by working in the over-head posture, and the increased incidence of musculoskeletal diseases of the shoulder-arm-system is presented. In addition, an overview of the current methods of assessing strains and stresses will be given, and the research gap will be high-lighted through a comparison with existing studies. On this basis, the hypotheses are then derived. Within three study sections the whole body as well as the body part related stresses are evaluated subjectively and objectively. In the first study, the basic suitability of overhead exoskeletons as an ergonomic measure to reduce workplace-related stress is examined. Secondly a suitable measurement methodology to assess the physiological effects is developed. In the second study, the methodology will be applied in a comprehensive laboratory study, while in the second part of the study, the suitability of the measurement methodology will be tested in an explorative field study. In the third and last study section, two further field studies including three different overhead exoskeletons will be conducted, to check whether the results of the laboratory study can be transferred to the field.
The results of the work show a significant perceived reduction of the subjective stress in the upper arm, shoulder, and neck as well as in the whole body while using a passive overhead exoskeleton. However, increases in subjective stress in body areas where the loads are redistributed to are small. These findings are equally valid for all studies conducted, both under laboratory and field conditions. Using the developed measurement methodology, significant relative reductions of the electromyographic activity of the local shoulder and arm lifting muscles (Musc. trapezius pars descendens and deltoideus pars acromialis up to 40 %) as well as an in-crease of the local oxygen tissue saturation were detected under laboratory conditions. In contrast, the global stress parameters were only moderately influenced in the laboratory study. While absolute and specific oxygen uptake as well as the energy turnover showed small reductions (7.3 %, 5.1 % and 12.3 %) during dynamic movements, almost no influence, or just a minor increase (1.0 %, 7.7 % and 1.3 %) could be measured for different static postures. However, the intervention reduced the working pulse rate by about 21 % across all working postures. The results of the field studies at different workplaces showed that the global stress parameters are only marginally influenced using different overhead exoskeletons. Under laboratory conditions, the support effect of overhead exoskeletons is deliberately isolated, and reductions in objective global strain become measurable. Under real conditions, artificial isolation is not present and the postulated reduction effects are too small to be statistically significant.
The use of overhead exoskeletons as a measure to improve ergonomic conditions at the workplace requires a detailed and comprehensive investigation of the physiological impact. Based on the developed holistic approach, the thesis draws a first picture of the physiological consequences by using a standardized evaluation method that measures subjective and objective as well as local and global stress parameters. Further laboratory and field studies with larger populations and other exoskeletons should be carried out using the same developed measurement methodology to make accurate recommendations for the use in industrial environments.
DOI: http://dx.doi.org/10.25819/ubsi/10042
DOI der Forschungsdaten: http://dx.doi.org/10.25819/fodasi/5
URN: urn:nbn:de:hbz:467-21196
URI: https://dspace.ub.uni-siegen.de/handle/ubsi/2119
Lizenz: http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/
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